Propaganda-Zombies in Social Networks
von politx am 27. August
Breitgetrampelte Kommunikationswege funktionieren einwandfrei. Den PR-Verantwortlichen machen jedoch die „sozialen“ Netzwerke schwer zu schaffen. Diese werden immer wichtiger und stärker, während der Großteil der kommunikationsfreudigen Unternehmen noch kein geeignetes Mittel gefunden hat um den austauschwilligen Konsumenten zu begegnen. Die Datenautobahn der privaten und öffentlichen Netzwerke stellt weltweit Unternehmen vor grundsätzliche Fragen: Muss ich dabei sein? Was bringt mir das? Wie mache ich das am besten? Wie messe ich den Erfolg? Wie viel ist zu viel?
Unter dem Titel „Social Networks – Fluch oder Segen für die PR?“ (im Rahmen der OTSConnect Diskussionsreihe) traten gestern fünf Experten an, um einen Erklärungs- und Interpretationsversuch zu wagen. Teilnehmer an der Podiumsdiskussion waren Martin Fichter (APA, Wien Redaktion), Andrea Fleischhacker (ING-DiBa, Kommunikation), Gerlinde Hinterleitner (derstandard.at), Georg Leyrer (APA Kultur) und Andreas Riepl (GTN Solutions).
Über Web-Monitoring und Propaganda-Zombies
Andrea Fleischhacker, die Kommunikationsverantwortliche der ING-DiBa, ist sich der zunehmenden Bedeutung des Dialogmediums Internet bewusst und investiert auch in ein umfangreiches Web-Monitoring. Nicht ohne Grund, denn man will ja wissen, wo über das Unternehmen und verwandte Themengebiete gesprochen wird, um dann entscheiden zu können, ob man dazu etwas sagen möchte oder nicht. „Es gibt den Impuls sich zu verteidigen sobald etwas Schlechtes kommt“, erklärt Fleischhacker, empfiehlt aber gleichzeitig zu widerstehen und „nicht im Affekt zu reagieren“. Ihrem Urteil, dass ein Unternehmen auch Kritik zulassen können muss um dann auch ehrlicher zu wirken, kann ich mich nur anschließen. Schließlich kann es auch eine selbstreinigende Wirkung haben, wenn Kritik zugelassen, aufgenommen und beherzigt wird.
Georg Leyrer ist ein Social Media Fan. Er findet es auch in Ordnung, wenn Organisationen in Austausch mit Konsumenten treten. Die Unternehmenskommunikation würde er allerdings lieber nicht den PR-Leuten überlassen. Die Gefahr, dass die zuständigen Mitarbeiter zu „Propaganda-Zombies“ werden sei zu groß. Seiner Meinung nach sollten wir uns auch davon verabschieden immer nur über uns selber (das eigene Unternehmen) zu sprechen. „Wer 95 Prozent der Zeit freihändig etwas hergibt, bringt dann 5 Prozent Botschaft viel leichter unter“, bringt er die Theorie in seinem Blog auf den Punkt. Als ein positives Beispiel nennt er die aktuelle Sommerkampagne der NBA.
Hierzu ergänzend sieht Martin Fichter die zukünftigen Aufgaben der PR-Leute eher darin, sich verstärkt mit Guerilla-Taktiken auseinander zu setzen.
Viral, aber wie?
Wie das Rezept für eine sichere virale Verbreitung aussieht, konnte keiner der Experten wirklich sagen. Authentizität ist aber das Kredo, wenn es um gute Online-Kommunikation geht, sagt Andreas Riepl und meint damit Transparenz im Umgang mit Usern, Kommentaren und Postings.
„Erst wenn du als Unternehmen nicht mehr die Kontrolle darüber hast, was mit deiner Kampagne passiert, hast du eine gute virale Kampagne.“ Dass dieser Ausspruch von Georg Leyrer in einer idealen Welt stimmen mag, bin ich überzeugt. Die Meldung aus dem Publikum (von Barbara Rauchwarter, Marketing- und Kommunikationsleitung der APA-Gruppe) beweist aber wie schwer dieses Umdenken wirklich ist: „Wenn es in Unternehmen Ängste gibt, dann die die Kontrolle zu verlieren.“ Deshalb wird es ihrer Meinung nach noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis diese Denkweise genügende Verbreitung gefunden hat.
Alles für die Leser
„An manchen Tagen ist es nicht so einfach zu akzeptieren, dass das die Menschen sind für die man arbeitet“, sagt Gerlinde Hinterleitner und meint damit die Armeen von besserwisserischen Lesern und solchen die ihren Frust gegen die Online-Redaktion von http://derstandard.at in ihren Postings abladen. Allerdings gewinnt sie den Foren auch viele gute Seiten ab. Jedes Posting wertet den redaktionellen Aspekt und damit auch die Arbeit der Journalisten auf. Durch die Kommunikation in den Foren treten die Menschen nicht nur in gegenseitigen Austausch sondern tragen auch zur kollektiven Wissensvermittlung bei. „User reden nicht nur gerne mit, sondern helfen auch gerne mit ihrem Expertentum.“
Die pure Existenz von Social Media erleichtert laut Martin Fichter die journalistische Arbeit aber nicht, obwohl man annehmen könnte, dass die spannenden Geschichten immer nur so auf die Journalisten einprasseln. Da es immer schwerer fällt festzustellen, aus welcher „Richtung“ bestimmte Bewegungen kommen erhöht sich der Rechercheaufwand. Es fällt immer schwerer herauszufinden wer die wahren „Initiatoren“ sind. Als Beispiel nannte er auch die Grünen Vorwahlen.
Spannend, aber noch nichts für uns
Für eine gelungene Kommunikation im Web ist dessen ständige Beobachtung der erste Schritt in die richtige Richtung. Einfach nur mal zuhören und sehen was die Leute wollen. Damit ist man meiner Meinung nach aber noch längst nicht dort, wo man in der Online-Kommunikation sein könnte/sollte. Zu viele Stolpersteine gilt es noch aus dem Weg zu räumen. Angefangen von der Kommunikationsunwilligkeit vieler Unternehmensleitungen bis zu ganz praktischen Problemen wie fehlenden Ressourcen oder mangelndem KnowHow. Darum bringt es Andrea Fleischhacker in ihrem Eröffnungsstatement ganz gut auf den Punkt: Die Nutzung von Social Media in ihrem vollen Umfang ist „spannend, aber noch nicht für uns.“
Alles in Allem hat mir die Veranstaltung gut gefallen. Die Diskussionsteilnehmer haben sich Mühe gegeben die Inhalte spannend zu vermitteln. Leider wurde in der Regel aber nur an der Oberfläche der Themen diskutiert. Für eine „allgemeine“ Social Media-Veranstaltung also ganz in Ordnung. Für tiefergehende Gespräche und Überlegungen bleibt ja noch Zeit…
Hier gehts zu den Pressefotos und zur Facebook Fanpage von OTSconnect.
Unter dem Titel „Social Networks – Fluch oder Segen für die PR?“ (im Rahmen der OTSConnect Diskussionsreihe) traten gestern fünf Experten an, um einen Erklärungs- und Interpretationsversuch zu wagen. Teilnehmer an der Podiumsdiskussion waren Martin Fichter (APA, Wien Redaktion), Andrea Fleischhacker (ING-DiBa, Kommunikation), Gerlinde Hinterleitner (derstandard.at), Georg Leyrer (APA Kultur) und Andreas Riepl (GTN Solutions).
Über Web-Monitoring und Propaganda-Zombies
Andrea Fleischhacker, die Kommunikationsverantwortliche der ING-DiBa, ist sich der zunehmenden Bedeutung des Dialogmediums Internet bewusst und investiert auch in ein umfangreiches Web-Monitoring. Nicht ohne Grund, denn man will ja wissen, wo über das Unternehmen und verwandte Themengebiete gesprochen wird, um dann entscheiden zu können, ob man dazu etwas sagen möchte oder nicht. „Es gibt den Impuls sich zu verteidigen sobald etwas Schlechtes kommt“, erklärt Fleischhacker, empfiehlt aber gleichzeitig zu widerstehen und „nicht im Affekt zu reagieren“. Ihrem Urteil, dass ein Unternehmen auch Kritik zulassen können muss um dann auch ehrlicher zu wirken, kann ich mich nur anschließen. Schließlich kann es auch eine selbstreinigende Wirkung haben, wenn Kritik zugelassen, aufgenommen und beherzigt wird.
Georg Leyrer ist ein Social Media Fan. Er findet es auch in Ordnung, wenn Organisationen in Austausch mit Konsumenten treten. Die Unternehmenskommunikation würde er allerdings lieber nicht den PR-Leuten überlassen. Die Gefahr, dass die zuständigen Mitarbeiter zu „Propaganda-Zombies“ werden sei zu groß. Seiner Meinung nach sollten wir uns auch davon verabschieden immer nur über uns selber (das eigene Unternehmen) zu sprechen. „Wer 95 Prozent der Zeit freihändig etwas hergibt, bringt dann 5 Prozent Botschaft viel leichter unter“, bringt er die Theorie in seinem Blog auf den Punkt. Als ein positives Beispiel nennt er die aktuelle Sommerkampagne der NBA.
Hierzu ergänzend sieht Martin Fichter die zukünftigen Aufgaben der PR-Leute eher darin, sich verstärkt mit Guerilla-Taktiken auseinander zu setzen.
Viral, aber wie?
Wie das Rezept für eine sichere virale Verbreitung aussieht, konnte keiner der Experten wirklich sagen. Authentizität ist aber das Kredo, wenn es um gute Online-Kommunikation geht, sagt Andreas Riepl und meint damit Transparenz im Umgang mit Usern, Kommentaren und Postings.
„Erst wenn du als Unternehmen nicht mehr die Kontrolle darüber hast, was mit deiner Kampagne passiert, hast du eine gute virale Kampagne.“ Dass dieser Ausspruch von Georg Leyrer in einer idealen Welt stimmen mag, bin ich überzeugt. Die Meldung aus dem Publikum (von Barbara Rauchwarter, Marketing- und Kommunikationsleitung der APA-Gruppe) beweist aber wie schwer dieses Umdenken wirklich ist: „Wenn es in Unternehmen Ängste gibt, dann die die Kontrolle zu verlieren.“ Deshalb wird es ihrer Meinung nach noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis diese Denkweise genügende Verbreitung gefunden hat.
Alles für die Leser
„An manchen Tagen ist es nicht so einfach zu akzeptieren, dass das die Menschen sind für die man arbeitet“, sagt Gerlinde Hinterleitner und meint damit die Armeen von besserwisserischen Lesern und solchen die ihren Frust gegen die Online-Redaktion von http://derstandard.at in ihren Postings abladen. Allerdings gewinnt sie den Foren auch viele gute Seiten ab. Jedes Posting wertet den redaktionellen Aspekt und damit auch die Arbeit der Journalisten auf. Durch die Kommunikation in den Foren treten die Menschen nicht nur in gegenseitigen Austausch sondern tragen auch zur kollektiven Wissensvermittlung bei. „User reden nicht nur gerne mit, sondern helfen auch gerne mit ihrem Expertentum.“
Die pure Existenz von Social Media erleichtert laut Martin Fichter die journalistische Arbeit aber nicht, obwohl man annehmen könnte, dass die spannenden Geschichten immer nur so auf die Journalisten einprasseln. Da es immer schwerer fällt festzustellen, aus welcher „Richtung“ bestimmte Bewegungen kommen erhöht sich der Rechercheaufwand. Es fällt immer schwerer herauszufinden wer die wahren „Initiatoren“ sind. Als Beispiel nannte er auch die Grünen Vorwahlen.
Spannend, aber noch nichts für uns
Für eine gelungene Kommunikation im Web ist dessen ständige Beobachtung der erste Schritt in die richtige Richtung. Einfach nur mal zuhören und sehen was die Leute wollen. Damit ist man meiner Meinung nach aber noch längst nicht dort, wo man in der Online-Kommunikation sein könnte/sollte. Zu viele Stolpersteine gilt es noch aus dem Weg zu räumen. Angefangen von der Kommunikationsunwilligkeit vieler Unternehmensleitungen bis zu ganz praktischen Problemen wie fehlenden Ressourcen oder mangelndem KnowHow. Darum bringt es Andrea Fleischhacker in ihrem Eröffnungsstatement ganz gut auf den Punkt: Die Nutzung von Social Media in ihrem vollen Umfang ist „spannend, aber noch nicht für uns.“
Alles in Allem hat mir die Veranstaltung gut gefallen. Die Diskussionsteilnehmer haben sich Mühe gegeben die Inhalte spannend zu vermitteln. Leider wurde in der Regel aber nur an der Oberfläche der Themen diskutiert. Für eine „allgemeine“ Social Media-Veranstaltung also ganz in Ordnung. Für tiefergehende Gespräche und Überlegungen bleibt ja noch Zeit…
Hier gehts zu den Pressefotos und zur Facebook Fanpage von OTSconnect.
Karin Thiller (Gast) - 30. Aug, 20:25
Schwer einzuschätzen
na gut, ich bin Partei, sozusagen (ich "gehöre" zu APA-OTS), ich finde Ihren Beitrag gut, habe das auch so gesehen und bin auch ganz Ihrer Meinung, was die "Diskussion an der Oberfläche" betrifft. Aber ebenso schwer einzuschätzen wie die "Wirkung" der social networks ist das Wissen darüber und inwieweit die Nutzer (die ja die Besucher der Veranstaltung sind) mit dem Thema vertraut sind (nämlich aus beruflicher Perspektive, privat gibt es unter den Jüngeren wohl niemanden mehr, der sich nicht mehr oder weniger damit auskennt).
Wir haben natürlich im Vorfeld rechererchiert und nur wenige Unternehmen gefunden (Politik liegt da etwas anders..), die sich facebook & Co überhaupt zum Thema machen.
Wir bleiben dran.
Wir haben natürlich im Vorfeld rechererchiert und nur wenige Unternehmen gefunden (Politik liegt da etwas anders..), die sich facebook & Co überhaupt zum Thema machen.
Wir bleiben dran.
politx - 1. Sep, 10:34
Wir stehen erst am Anfang
Freut mich, dass ich mit meiner Meinung nicht allein da stehe.
Bei Veranstaltungen solcher Art ist es natürlich nicht möglich allzu sehr in die Tiefe zu gehen - ist auch nicht immer sinnvoll, da das Vorwissen der Zuhörer durchaus unterschiedlich sein kann.
Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung. Sowohl die Nutzer der Social Networks als auch Unternehmen, Organisationen und Parteien müssen erst die für sie richtige Gangart finden um mit den immer schneller stattfindenden Entwicklungen im Web und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen zu Recht zu kommen. Insbesondere deshalb freue ich mich bereits sehr, dass Sie weiter dran bleiben…
Bei Veranstaltungen solcher Art ist es natürlich nicht möglich allzu sehr in die Tiefe zu gehen - ist auch nicht immer sinnvoll, da das Vorwissen der Zuhörer durchaus unterschiedlich sein kann.
Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung. Sowohl die Nutzer der Social Networks als auch Unternehmen, Organisationen und Parteien müssen erst die für sie richtige Gangart finden um mit den immer schneller stattfindenden Entwicklungen im Web und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen zu Recht zu kommen. Insbesondere deshalb freue ich mich bereits sehr, dass Sie weiter dran bleiben…
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